MS Bleichen

Hamburger Dampfer nach stürmischer Seefahrt jetzt unter Denkmalschutz

Nach einem aufregenden stürmischen Schiffsleben sieht MS Bleichen nun ruhigen Zeiten entgegen. Dabei wird sie liebevoll – teilweise noch immer von ehemaligen Crew-Mitgliedern – gehegt und gepflegt. Damit sie der Nachwelt noch lange erhalten bleibt, ist das Schiff jetzt unter Denkmalschutz gestellt. Das voll funktionsfähige, noch immer seetaugliche Schiff ist am Schuppen 50 im Hamburger Hafen nun im wohlverdienten Ruhestand. Wer rastet, der rostet….also lichtet das Schiff mehrmals im Jahr seine Anker.

Bewegte stürmische Zeiten
So manchen festen Eisgang in der Ostsee, schwierige See oder schweren Sturm in der Biskaya musste das Schiff im aktiven Dasein aushalten. Und das mit Bravour. So mancher Seemann hat dabei auch sicherlich mal über die Reling gekotzt. Aber nach 48 Dienstjahren auf dem Buckel haben sich die Winde gelegt. Zurück im Heimathafen Hamburg befördert das Schiff im Rentendasein jetzt kein Stückgut mehr, sondern nun Menschen durch ruhiges Gewässer. Das seit 2018.

MS Bleichen: Eine Schiffs-Generation vor den Containerriesen
Die MS Bleichen repräsentiert eine gesamte Generation von Frachtschiffen, die vor der Zeit der Containerriesen das Bild des Hamburger Hafens prägten. Gebaut 1958 auf der Nobiskrug-Werft in Rendsburg hat das Frachtschiff Bleichen heute bereits schon einige tausend Seemeilen hinter sich. Dennoch ist das Schiff dank der verstärkten Bauweise noch immer voll funktions- und fahrtüchtig und fungiert heute als ein unter Denkmalschutz stehender, fahrtüchtiger Stückgutfrachter. Im Auftrag der damaligen alteingesessenen Hamburger Reederei H. M. Gehrckens transportierte das Schiff über 50 Jahre ununterbrochen Stückgüter von Deutschland nach Finnland und Schweden. Natürlich auch wieder zurück. Meistens Papierrollen und Schnittholz aus den finnischen und schwedischen Wäldern. Bei ausreichendem Ladungsangebot ging es für die Besatzung auch mal in die Wärme. Von Westafrika transportierte das Schiff dann Tropenholz, Kakaobohnen oder Erdnüsse nach Europa.

Ostsee bis hinauf nach Kemi und Lulea
Damit die nördlichsten Ostseehäfen auch im Winter angelaufen werden konnten, wurde der Rumpf der BLEICHEN extra stark gebaut. Das Schiff erhielt die höchste finnische Eisklasse. Und die war nicht jedem Frachter vergönnt. Die „Bleichen“ wurde noch als klassischer Mittschiffs-Frachter konstruiert, was aber bereits in den 50er Jahren wieder aus der Mode kam. Dennoch hat die Bauweise noch immer Vorteile. So waren die Kommandobrücke als auch die Wohnräume der Besatzung weitgehend von Vibrationen und Geräuschen der Maschine weniger betroffen. Der Nachteil war natürlich, dass man keine durchgängige Ladefläche aufweisen und das Schiff nicht im Gesamten im Überblick behalten konnte. Trotz seines Alters ist das Schiff weitgehend unverändert in einem guten Zustand. Noch immer verrichtet der Dieselmotor von Klöckner-Humboldt-Deutz zuverlässig einen Dienst, wie auch die Rettungsboote, der Propeller und die Ruderanlage. Selbst die Inneneinrichtung ist noch im ursprünglichen Zustand erhalten.

Eine Trennung mit weinenden Augen
Nachdem die Betreiberkosten immer mehr explodierten, wurde das Schiff bedingt durch die Bauart in Deutschland einfach unrentabel. Ein wirtschaftliches Betreiben war nicht mehr möglich. Schweren Herzens entschied sich der damalige Reeder für den Verkauf. So kam der Dampfer 1970 in italienische Händen, die den Frachter in „Canale Grande“ umtauften. Bereits neun Jahre später ersteigerte ein türkischer Reeder das Schiff aus der Konkursmasse und nannte es fortan „Arcipel“.

Ein weiterer Namenswechsel blieb dem Schiff nicht verwehrt. Als „Old Lady“ befuhr der Dampfer noch lange Zeit, nämlich von 1994 bis 2006, regelmäßig das Schwarze Meer. Dann kam jedoch auch hier jäh das Aus. Das Schiff sollte stillgelegt und abgewrackt werden. Denn durch die Bauweise als sogenanntes Dreiinselschiff und die aufwendige Bedienung war der Betrieb des Schiffes auch im Mittelmeerraum nicht mehr rentabel. Die Bleichen hatten relativ kleine Luken und Zwischendecks, weshalb für heutige Verhältnissen das Laden und Löschen ineffizient wurde. Mit einer Besatzung von 22 Mann dauerte es drei Tage, bis 2.000 t Schrott geladen werden konnten.

Rettung vor dem Schneidbrenner
Als einzigartiges Zeugnis maritimer deutsche Geschichte rettete der heutige Besitzer die BLEICHEN vor dem Schneidbrenner und überführte die mittlerweile 50 Jahre alte „Lady“ im Januar 2007 zurück in ihre alte Heimat. Eine ehrenamtliche Crew werkelte 11 Jahre lang in jeder freien Minute unermüdlich und unverdrossen und versetzte das Schiff größtenteils wieder in seinen Ursprung zurück. Natürlich wollte man auch wieder in See stechen. 2018 war es soweit. Nach getaner Arbeit durfte sich die Crew freuen, der alten Dame endlich wieder neues Leben eingehaucht zu haben. Der Nervenkitzel steigt, die Anspannung ist jedem Besatzungsmitglied im Gesicht anzusehen. Wird der Germanische Lloyd SE als international tätige Klassifikationsgesellschaft (Schiffs-TÜV), ebenfalls mit Sitz in Hamburg, bei den Erprobungsfahrten auf der Elbe seinen Segen? Wird alles funktionieren und planmäßig ablaufen? Das Typhon heulte auf, die letzten Leinen plantschten ins brackige Hafenwasser. Mit Schlepperhilfe löste sich der Dampfer langsam vom Kai und nahm Kurs auf das weite Meer. Vorbei an Blankenesse geht es vielleicht nach Rio und Shanghai. Alle warten gespannt, wie sich das Schiff nach der Instandsetzung nun wieder bewähren wird. Die Elbmündung ist erreicht. Eine steife Brise weht um die Haare. Und dann ist es soweit….das Typhon heult unermüdlich auf. Der Segen ist da!!! Alle fallen sich in die Arme und können vor Freude sich das Lachen nicht nehmen lassen.

Wir wünschen der „Lady“ allzeit Gute Fahrt und immer eine Handbreit Wasser unter‘m Kiel.

Schiffsdaten
Schiffstyp…..Mittschiffs-Stückgutfrachter
Name…..BLEICHEN
andere Schiffsnamen…..
Canale Grande (1970–1979)
Arcipel (1979–1994)
Old Lady (1994–2007)
Flagge…..Deutschland
Rufzeichen…..DDXU2 (seit 17. April 2007)
Heimathafen…..Hamburg
Eigner…..Stiftung Hamburg Maritim
Bauwerft…..Nobiskrug, Rendsburg
Auftrags-Reeder…..H.M. Gehrckens
Baunummer…..607
Stapellauf…..26. Juni 1958
Übernahme…..November 1958
Verbleib heute…..Museumsschiff
Länge…..93,30 m (Lüa über alles)
………….84,30 m (Lpp zwischen den Loten)
Breite…..12,30 m
Seitenhöhe…..7,20 m
Tiefgang (max.)……4,69 m
Vermessung…..2129 BRT
Besatzung…..24
Maschinenanlage…..1 × Dieselmotor Klöckner-Humboldt-Deutz AG
Maschinenleistung…..1.324 kW (1.800 PS) bei 275 UpM
Höchst­geschwindigkeit……12,0 kn (22 km/h)
Propeller…..1 × Festpropeller
Transportkapazitäten……2200 tdw
Klassifizierungen…..Germanischer Lloyd
Registriernummern…..IMO 5046281

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Klassischer Stückgutfrachter der 60er Jahre
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